Nicht, dass ich schon auf eine jahrzehntelange journalistische Laufbahn zurückblicken könnte. Die Jahre des Berufseinstiegs liegen aber hinter mir. Und damit auch eine Vielzahl von Interviews, Kommentaren, Reportagen. Wenn ich zurückschaue, merke ich: Ich habe mich verändert. Und nicht jeder Text, den ich mal geschrieben habe, gefällt mir immer noch.
Im eifrigen Schreiben der ersten Berufsjahre musste ich mich finden – meinen Schreibstil, meine Themen, meine Formate.
Ich habe vieles ausprobiert, mich von manchem wieder gelöst und hab andere Sachen vertieft.
Und ich empfinde den Journalismus nach wie vor als riesiges Feld, auf dem es immer noch viel zu entdecken gibt – und geben wird, weil kaum ein Bereich dem digitalen Wandel so unterworfen ist wie die Arbeit mit Medien.
Meine Arbeit ist spannend und ich tue sie gerne. Nicht alles und nicht jeden Tag, grundsätzlich aber schon. Ich lerne Menschen kennen, ich tauche in Themen ein, mein Horizont erweitert sich. Und genau das macht etwas mit mir. Schaue ich zurück auf Texte, in denen ich vor drei, vier oder fünf Jahren harte Urteile über einen Sachverhalt formuliert habe, komme ich jetzt ins Stocken: Würde ich das immer noch so schreiben? Wenn Zeilen manchmal vor Ironie getrieft haben und ich mich damals über meine Wortwitze köstlich amüsiert habe, frage ich mich heute: Wäre nicht doch ein sachlicher Ton angemessener gewesen? Und genauso: Habe ich zu Personen, die mir im Interview sympathisch waren, genug Distanz gewahrt?
Im Nachhinein würde ich manchmal gerne Textstellen aus alten Artikeln wegradieren, Formulierungen überarbeiten, den Ton ändern.
Dadurch, dass Inhalte im Netz so lange verfügbar sind, kann ich sie mir immer wieder anschauen und darüber stolpern. Und mich fragen: „Wenn eine Person nur diesen einen Artikel von mir gelesen hat, was hält sie von mir als Journalistin?“
Doch ich habe gemerkt, dass ich mich mit zu strengen Urteilen über mich und meine Arbeit selbst lähme.
Es ist gut, zu lernen und sich weiterzuentwickeln, manches loszulassen und Platz zu haben für Neues. Das geht aus meiner Sicht nur mit einer demütigen Haltung. Denn ich kann ein Thema, eine Situation oder einen Menschen nie ganz erfassen. Und ich weiß nie, welche Erfahrungen ich noch machen werde und wie sie meine Sicht auf die Welt verändern werden. Deswegen ist jedes Werk von mir ein Stückwerk.